von Ella Alexa Femme
Als die Abiturienten-Theatergruppe eine Interpretation von „Fifty Shades of Grey“ auf die Bühne bringen will, fliegen die Fetzen. Denn die Klassenbeste und ‚Regisseurin‘ Franziska und ihre eigensinnige Hauptdarstellerin Clara haben gänzlich unterschiedliche Ansichten zu dem Stück. Noch dazu ist Claras eifersüchtiger Freund nicht nur auf der Bühne, sondern auch im wahren Leben eine Enttäuschung. Doch in all dem Chaos entwickeln sich zwischen Clara und Franziska Gefühle, mit denen sie nicht gerechnet hätten…
Die Vorgeschichte zur Reihe „Zimmer Nummer Sex“ spielt kurz nach Franziskas und Claras Abiturprüfungen. Sie erzählt, wie die beiden sich näher kamen und schließlich die lesbische WG gründeten.
Leseprobe
„Vergiss es!“
Clara verschränkte die Arme und schüttelte nachdrücklich den Kopf.
„Stell dich nicht so an!“, sage Franziska. „Wir werden dieses Stück auf die Bühne bringen. Und ich bestehe darauf, dass du die Hauptrolle spielst.“
„Kapierst du es nicht?“, fragte Clara. „Das geht nicht. Nie und nimmer. Die Rolle ist das absolute Gegenteil von mir. Sie ist unsicher, unterwürfig und langweilig.“
Franziska hob die Augenbrauen. „Erstens“, sagte sie scharf, „Ist Anastasia Steele ein sehr komplexer Charakter, der eine tiefgreifende Entwicklung durchmacht.“
Clara schnaubte ungläubig.
„Und zweitens“, fuhr Franziska fort, „Ist der Sinn der Schauspielerei ja auch, dass man eben nicht die Person darstellt, die man im Alltag schon ist.“
„Aber diese Rolle und dieses Stück ist keine Herausforderung“, wehrte sich Clara.
„Oh, mit mir als Regisseurin wird es eine Herausforderung, verlass dich drauf!“, sagte Franziska. „Wer auch immer den anonymen Vorschlag eingereicht hat, hat einen guten Blick für die innersten Sehnsüchte des Menschen, die in diesem Stoff ohne Rücksicht auf Konventionen…“
Clara verdrehte die Augen und hörte schon nicht mehr zu. Stattdessen blickte sie aus dem Fenster des Klassenzimmers. Von draußen fiel die Nachmittagssonne herein und erinnerte Clara daran, dass sie gerade auch mit dem Mountainbike durch den Wald rasen könnte. Die meisten anderen Abiturienten genossen die freie Zeit nach den Prüfungen. Nur Clara und ein paar andere Unglückliche hatten sich der Theatergruppe angeschlossen – eine Entscheidung, die sie jetzt bitter bereute.
„Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte Franziska.
„Sorry“, machte Clara. „War kurz abgelenkt.“
„Ich weiß, du findest das Stück fragwürdig. Aber ich bin sicher, dass wir daraus ein echt gutes Projekt machen können, mit einer richtig überzeugenden Botschaft.“
Clara zuckte desinteressiert mit den Schultern. „Ohne mich.“
„Du wirst diese Rolle übernehmen, Clara“, beharrte Franziska. „Wir haben sonst einfach keine Schauspielerin mit deinem Talent und deiner emotionalen Ausdrucksfähigkeit.“
„Deine Komplimente ziehen nicht bei mir.“
„Ach ja?“ Franziskas Augen funkelten. Nun war sie es, die die Arme verschränkte. „Ich kann auch andere Töne anschlagen. Soll ich zu Herr Wagner gehen und ihm mitteilen, dass du dich weigerst, an der Produktion mitzuarbeiten? Er ist doch gut mit deinen Eltern befreundet, oder?“
„Das würdest du nicht wagen!“, stieß Clara empört hervor.
Franziska war einfach unerträglich. Nicht nur war sie bildhübsch und die Tochter äußerst wohlhabender Eltern, sie war außerdem in jedem Fach die Jahrgangsbeste – außer in Sport, wo Clara ihr um Längen voraus war. Als Liebling der Lehrer war es ihr leicht gefallen, den Platz als Regisseurin der Theater-AG zu erhalten, den sie ausnutzte, um ihre Mitschüler mit endlosen Zusatzproben und übertrieben hohen Ansprüchen zu quälen. Kurz gesagt, sie war unausstehlich.
„Selbst wenn die Rolle wollte, könnte ich sie nicht spielen“, sagte Clara. „Ich muss dann bestimmt jemanden auf der Bühne küssen. Und das wird Ben absolut nicht vertragen.“
„Ist mir doch egal, was dein Freund davon hält“, sagte Franziska. „Das hier ist Kunst. Sag ihm, er soll sich nicht so haben.“
„Das wird er nicht verstehen“, sagte Clara und bemühte sich um einen mitleidheischenden Blick. „Er wird schrecklich wütend auf mich sein!“
Franziska hob die Augenbrauen. „Clara. Willst du mir ernsthaft erzählen, dass ausgerechnet du dir von deinem Freund sowas vorschreiben lässt? Und ich soll dir das glauben?“
Zugegeben, es war nicht die grandioseste Ausflucht gewesen. Aber eine bessere Idee hatte Clara nicht. Franziska drängte sie zunehmend argumentativ in die Ecke. Dass sie einen halben Kopf größer war als Clara machte die Sache nicht gerade leichter zu ertragen.
„Aber gut“, sagte Franziska. „Vorschlag: Dein Boyfriend kann sich für die Rolle des Mister Grey bewerben. Wir proben nächsten Samstag. Wenn er es gut macht, dann darf er dich auf der Bühne küssen.“
„Samstag?“, stöhnte Clara. „Da wäre ich ins Schwimmbad gegangen…“
„Gut, dass wir das geklärt haben“, sagte Franziska. „Wir sehen uns dann. Und vergiss nicht, deine Zeilen zu üben!“
(…)
Hier endet die Leseprobe. Neugierig geworden?
Melde dich für den Newsletter an und erhalte „Rollenspiel“ und zwei weitere Stories kostenlos!